22. September 2020
Epilog zum Kenia EDP 2020
„Religionen als Partner für Frieden, Sicherheit und Entwicklung“
Ein Beitrag zur Umsetzung der friedenspolitischen Leitlinien
Religionen sind Partner für Frieden, Sicherheit und Entwicklung, so fasste Tim Kuschnerus, der evangelische Geschäftsführer der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) in seiner Begrüßung zum Epilog eine Grunderfahrung aus dem Kenia EDP zusammen. Im Februar 2020 kurz vor der Corona Pandemie waren religiöse Friedens- und Menschenrechtsakteure in Kenia Gastgeber für eine Exposure Gruppe aus Deutschland, der vier Parlamentarier, zwei Vertreter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), der Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland, ein Erzbischof sowie leitende Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus dem kirchlichen Raum angehörten. Die Epilogveranstaltung zum EDP am 10. September war ursprünglich an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) geplant, wurde aber wegen COVID 19 dort abgesagt. Sie konnte kurzfristig ins Haus der EKD in Berlin verlegt werden und wurde dort in Kooperation mit der GKKE organisiert. Dabei diskutierten Teilnehmende des Kenia EDP ihre Erfahrungen mit sicherheits- und entwicklungspolitischen Akteuren in Deutschland, moderiert von Dr. Friederike Repnik, AGIAMONDO.
In Videostatements schilderten zwei der EDP Gastgebenden, Rose Oduor von Justice & Peace in Kariobangi, einem Slum in Nairobi und Julius Wanjama, Haki Yetu Organization, Mombasa, Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihre Arbeit als zivile Friedensakteure vor Ort sowie die Implikationen für Good Governance: Familien hätten Arbeit und Einkommen verloren, häusliche Gewalt und Übergriffe staatlicher Sicherheitskräfte hätten zugenommen, wie auch die Korruption. So sei z.B. eine informelle Siedlung zerstört worden, 6.000 Familien hätten ihr Obdach verloren. COVID-19 habe die bereits vorhandenen Probleme und Konfliktlinien verschärft bzw. stärker sichtbar gemacht.
Die Corona Pandemie verstärke und setze einen längst begonnenen Trend der Beschränkung von Religionsfreiheit und zivilgesellschaftlichem Engagement fort, bestätigte Markus Grübel MdB, der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit im BMZ. Es gelte den Zusammenhalt gegen fundamentalistischen Missbrauch von Religion zu stärken. Entwicklung und Frieden könnten dann nachhaltig gefördert werden, wenn staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure an einem Strang ziehen. In diesem Sinne sei die Arbeit des EDP e.V. ein wichtiger Beitrag zu einer werteorientierten Entwicklungszusammenarbeit.
Ottmar von Holtz MdB, Vorsitzender des Unterausschusses Zivile Krisenprävention im Deutschen Bundestag, sieht den wesentlichen Beitrag von Religionsgemeinschaften und zivilen Akteuren darin, dass ihre Arbeit Konflikte lösen könne, die möglicherweise zu einem Flächenbrand auswüchsen. So würden beispielsweise ökonomische Ungleichheit und deren fatale Auswirkungen auf das Zusammenleben immer wieder thematisiert. Religiöse Führungspersönlichkeiten spielten oft eine entscheidende Rolle gerade in sich zuspitzenden Konflikten, wie das Beispiel von Kardinal Tumi in Kamerun zeige. In Deutschland vermisse er einen stärker inklusiven interreligiösen Dialog vor Ort, der Jugendliche, Frauen und nicht Ordinierte einbeziehe.
„Sehr viel soft power“, bescheinigte Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland, den zivilgesellschaftlichen und religiösen Anführern in Kenia. Da sie nahe bei den Leuten seien, hätten sie Autorität und Einfluss. Terrorismus habe in Kenia viel mit starker Frustration und fehlenden Perspektiven zu tun. Jugendliche gingen nicht zu islamistischen Fundamentalisten, weil sie das ideologisch gut fänden, nein, sie gingen zu den Milizen, weil sie dort Geld und einen eigenen Lebensunterhalt verdienen können. „Wir brauchen die Zivilgesellschaft und Religionsgemeinschaften vor Ort.“ Ohne Beteiligung der Partner vor Ort gebe es keine nachhaltigen Lösungen.
Das interreligiöse Handeln sei eine große Chance für die interreligiöse Gesellschaft Kenias, für einen Wandel hin zu mehr Frieden, Solidarität und Gewaltfreiheit, unterstrich Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Verantwortlicher für die weltkirchliche Zusammenarbeit der Deutschen Bischofskonferenz. Das Interreligiöse Handeln gelinge, weil personale Solidarität da sei, so habe er es im Slum von Kibera erfahren, unter den Religionsführern und –angehörigen, aber auch zu den Mitbewohner/innen. Man helfe sich gegenseitig, friedlich zusammenzuleben und ermahne sich wechselseitig zur Gewaltfreiheit. Und es dürfe nicht vergessen werden: „Entwicklung ist ein Langstreckenlauf!“ In der interreligiösen Zusammenarbeit in Deutschland halte er es für weiterführend, sich mehr „gemeinsam Gedanken über Gott machen. Unser Gott ist ein Gott des Lebens, der Leben für alle will.“ Man müsse über die eigene Kirche, die eigene Religion hinausschauen: was können wir von anderen lernen?
Religion könne ungeheuer produktiv wirken, unterstrich Dr. Daniela de Ridder MdB, stellvertretende Vorsitzende im Auswärtigen Ausschuss sowie im Unterausschuss für Zivile Krisenprävention, die als Gesprächspartnerin zum Epilog eingeladen war. Ihre wichtigste Bedeutung liege in der Kraft der Hoffnung, die essentiell sei, in dem Vertrauen auf ein besseres Morgen, in der Hoffnung auf Frieden und in der Nächstenliebe. In jeder Krise liege eine Chance, die sehe sie bei der Corona Pandemie vor allem in der Digitalisierung. Es gelte, digitale Formate zu stärken, um sich gegenseitig zu unterstützen. Hier müsste man kreativ auch neue Settings erfinden, Formate, die wechselseitig stärken und ermutigen. Auswärtiges Amt, BMZ aber vielleicht auch die Landwirtschaftsministerin müssten in solche Formate eingebunden werden.
Die von der Bundesregierung in 2017 verabschiedeten Friedenspolitischen Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ sieht de Ridder als wesentliche Grundlage ihrer Arbeit. Deutschland solle seinen Sitz im Sicherheitsrat nutzen, z.B. um das „gender reporting“ stärker durchzusetzen. Dabei gehe es nicht nur um die Beteiligung von Frauen in Konfliktmediation und Post Konfliktsituationen. Was passiert mit Jungen und Männern, wie sieht es aus mit den Männlichkeitsbildern, diese Gender-Fragen beträfen auch die Religionen.
In seinem Grußwort (Videostatement) hatte Botschafter Ekkehard Brose, der Präsident der BAKS, auf eben diese friedenspolitischen Leitlinien der Bundesregierung verwiesen und betont: auf die Umsetzung komme es an. Die BAKS fühle sich einem entsprechend breiten Sicherheitsbegriff verpflichtet. Das EDP habe einen Beitrag zur Umsetzung geleistet im Hinblick auf die Bedeutung und Stärkung ziviler und religiöser Akteure.
Trier, den 16. September 2020
Gertrud Casel
Lesen Sie den ausführlichen Bericht zum Epilog hier.