14. Dezember 2022
Kenia - "Bürgernahe" Polizeiarbeit?
Zivilgesellschaftliche und religiöse Organisationen haben ihre Advocacy- und Bildungsmaßnahmen stark ausgeweitet, um vor allem die Wahlkämpfer in den ‚county elections‘ (Bezirksvertretungen) zu mäßigen und die Bürger*innen zu einer vernunftgeleiteten, gewaltfreien Beteiligung an der Wahl zu motivieren. Auch unter Führung der neuen Regierung hat die Polizei einen weiten Weg vor sich, diverse Polizeireformen der Vergangenheit tatsächlich umzusetzen. Wie gelingt es in einem autoritären Staatswesen, die Werteorientierung einer unterbezahlten, schlecht ausgebildeten Polizei so zu beeinflussen, dass Verfassungstreue, Menschenrechtsorientierung und Bürgernähe im Vordergrund stehen?
EDP Fazilitatorin Warda Zighe (Haki Yetu) moderiert ein “Peace Actors Meeting” in Magarini (Kilifi County), 10. November 2022 - Foto © JH/EDP e.V.
Die EDP Partner Haki Yetu Organisation und Coast Interfaith Council of Clerics arbeiten seit vielen Jahren mit Akteuren im Sicherheitssektor zusammen. Auf verschiedenen Ebenen gibt es nicht nur „Sicherheitskomitees“, in denen Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, der kommunalen Verwaltungsbehörden und die Polizei-Dienststellenleiter sicherheitsrelevante Entwicklungen beraten. Im Vorfeld der Wahlen vom August 2022 hatte die Regierung zudem „multi sectoral election preparedness committees“ eingerichtet, um Polizei und Behörden zu unterstützen und sensible Informationen auszutauschen. Im Fokus standen - und stehen weiterhin - radikale Gruppierungen, Wahlkämpfende und (Lokal-) Politiker, die mit Hassreden die Bevölkerung zu Gewalttaten aufzuwiegeln und Jugendliche zu Anschlägen anzustacheln versuch(t)en - zum Beispiel gegen die Polizei oder Treffpunkte von als „Gegner“ Bevölkerungsgruppen.
Durch Mobilisierung und Fortbildung der Akteure in den „multi sectoral election preparedness committees“, bei Gemeindedialogen und mittels Ansprachen in Gottesdiensten gelang es den EDP Partnern in der kenianischen Küsten entscheidend zu Deeskalation und Verständigung und letztlich zu einem konfliktarmen und fairen Verlauf der Wahlen beizutragen. Haki Yetu Organisation wurde von Regierungsvertreter*innen gebeten, ihre Dialog- und Fortbildungsarbeit mit den bereits involvierten Vertreter*innen von Zivilgesellschaft und Polizei fortzusetzen. Dabei geht es auch um nicht-politisch motivierte kriminelle Aktivitäten wie u.a. Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Drogenhandel. Die Vertreter*innen der Religionen im Netzwerk von Coast Interfaith Council of Clerics sind aufgrund ihrer Verankerung in den Gemeinden und ethnischen Gruppen auch weiterhin bei der Vermittlung von Konflikten und der Arbeit mit besonders vulnerablen Gruppen tätig. Beispielsweise durch die Begleitung von Jugendlichen, die mit dem Gesetz in Konflikt gerieten und unter besonderer polizeilicher Beobachtung stehen oder in den Landkonflikten zwischen Viehzüchtern und Ackerbauern, die sich im Zuge der Verdopplung bis Verdreifachung der Preise von Grundnahrungsmitteln weiter verschärfen.
„EDP work in progress“: Bei Gesprächen mit EDP Partner und Sicherheitsakteuren im November in Mombasa, Kilifi und Kwale konnte der Prozess der Vorbereitung für das Exposure- und Dialogprogramm fortgesetzt werden. Im Januar 2023 werden die Rahmenbedingungen für die Exposure-Besuche der EDP Teilnehmergruppe im Februar abschließend geklärt und auch die von den Partnern ausgewählten Exposure-Gastfamilien auf die Lernaufenthalte vorbereitet.