07. März 2023

Schatzkammer für Beobachtungen und Dialoge- EDP Teilnehmerin berichtet von ihrer Erfahrung in Kenia

Sofie Flurschütz nahm am Exposure- und Dialogprogramm in Zusammenarbeit mit Haki Yetu Organisation und Coast Inter-Faith Council of Clerics teil, das am 18.02.2023 erfolgreich zuende ging. Zunächst hatte sie Zweifel daran, wie viel sie in drei Tagen bei ihrer Gastgeberin wirklich lernen konnte und ob Exposure- und Dialogprogramm nicht nur ein hochtrabender Begriff sei. Am Ende der Reise konnte sie Bilanz ziehen- diese fiel durchaus positiv aus.

Als ich Mitte Februar 2023 nach Mombasa flog, fielen mir die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Kenianer*innen sofort auf. Bevor ich das Land betrat, sah ich mir außerdem das statistische Länderprofil Kenias an: Kenia ist flächenmäßig größer als Deutschland, zählt aber mit ca. 55 Millionen Menschen weniger Einwohner*innen. Kenias Human Development Index-Wert für das Jahr 2021 liegt bei 0,575 - damit fällt das Land in die Kategorie "mittlere menschliche Entwicklung" und liegt auf Platz 152 von 191 Ländern und Territorien. Was es bedeutet, wenn ein Land im Mittelfeld dieser Liste steht, habe ich selbst erlebt.

Der Exposure-Aufenthalt bei meiner Gastgeberin Warda Zighe in Malindi verging rasch. Trotzdem bekam ich einen guten Einblick in ihre Realität und ihre Handlungsoptionen. Warda arbeitet für die Menschenrechtsorganisation Haki Yetu organization, die sowohl eng mit Polizeidienststellen als auch mit sozialen Gruppen zusammenarbeitet, die oft im Fokus der Polizei stehen. Sie organisiert vertrauensbildende Maßnahmen und schult Vertreter*innen dieser Fokusgruppen und Polizeikräfte u.a. in Konfliktmeditation, ein stark vernachlässigter Aspekt der Ausbildung kenianischer Polizist*innen. Ich erlebte Warda als eine kluge, freundliche und einfallsreiche Frau, die ihre Mitmenschen stets auffordert, aktive Bürger*innen zu sein und ‚outside the box‘ zu denken!

Aus den drei Tagen habe ich besonders diese drei Learnings mitgenommen: 1.„Lazima Tujipange = Get organized", wie Warde oft sagt. Denn, obwohl viele Menschen in Kenia arm und häufig mittellos sind, können sie sich vereinen und Wissen teilen, wodurch sie z.B. Korruption entgegentreten können. 2. Religiöse Werte sind eine Triebfeder für Konflikte UND für die Friedensförderung. Warda nutzt ihren Glauben, um Konflikte zu schlichten. Sie ist überzeugt: Pray but also grind (Beten, aber auch selbst anstrengen!)! 3. Leidenschaft für den Beruf: Es muss etwas geben, wofür man sterben kann, meint Warda. Sie liebt ihren Job als Haki Yetu Programme Officer und Mediator.

Was hat mir das Exposure- und Dialogprogramm gebracht?

Auf professioneller Ebene habe ich erneut erkannt, dass sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt eine Straftat ist und nicht geschlichtet werden kann - Fälle müssen sofort bei der Polizei gemeldet werden. Eine neue Erkenntnis war auch, dass die meisten Morde an der kenianischen Küste mit dem Vorwurf der Hexerei übertüncht werden. Ich habe gelernt, dass Barazas (Kiswahili für öffentliche Versammlungen) das Bewusstsein für Sicherheitsprobleme schärfen und wichtige Informationen mit den Bürger*innen teilen. Ich konnte aus erster Hand erfahren, wie wichtig es ist, unter anderem durch NGOs zur Lösung und Vermeidung von Konflikten beizutragen, daraus ergab sich ein Perspektivwechsel, der Anstoß zu realistischem Handeln gibt.

Auf persönlicher Ebene habe ich vor allem die Begegnungen und den Austausch mit Akteur*innen aus dem Sicherheitssektor, z. B. lokalen Behörden, Polizeibeamt*innen, traditionellen Ältesten und religiösen Führer*innen, die einen nachhaltigen Frieden schaffen wollen, mitgenommen. Das Programm war, seinem Namen alle Ehre machend, eine Fundgrube für den Dialog, da die Kenianer*innen gesprächsbereit und gesprächsfähig waren. Insgesamt war das Programm eine großartige Lernerfahrung - vor allem, weil ich von außen mit einer fachfremden Sichtweise kam und meinen Horizont, nicht zuletzt durch das Kennenlernen eines weiteren afrikanischen Landes erweitern konnte.

 

Text: Sofie Flurschütz