(Fotos: ©BAKS)

BAKS Prolog Programm

„Religionen als Partner für Frieden, Sicherheit und Entwicklung? Prologveranstaltung zum „EDP Auftakt“ bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik.

„Religionen als Partner für Frieden, Sicherheit und Entwicklung“, zu diesem Thema hatten die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) und der EDP e.V. in Kooperation mit dem BMZ für den 9. Sept. 2019 in Berlin eingeladen, als Prolog zum gleichnamigen Exposure- und Dialogprogramm in Kenia im Februar 2020. Das Panel mit Ministerialdirektor Rüdiger König, dem Abteilungsleiter für Krisenprävention, Stabilisierung, Konfliktnachsorge und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt und Frau Elisabeth Kanini Kimau, Gründerin des Horn of Africa Grassroots Peace Forum, und die Diskussion mit Teilnehmenden und Interessierten an dem EDP Programm in Kenia moderierte Leon Stebe vom RBB in den Räumen der BAKS in Berlin. In ihrer Begrüßung unterstrich Frau Zehentner- Capell, Leiterin Lehre an der BAKS, die Bedeutung vom interreligiösen Dialog für eine Deeskalation von Konflikten in einem frühen Stadium. Sie rekurrierte auf ihre eigenen Erfahrungen in einem EDP in Indien über Sozialstandards in der Textilindustrie und schilderte die Wirkungen für ihre Arbeit und für das BMZ, nicht zuletzt für das Zustandekommen des grünen Knopfes, der am gleichen Tag in Berlin vorgestellt wurde.

Elisabeth Kanini hatte sich nach ersten Kontakten mit Angehörigen verfeindeter Ethnien, Rendile und Borana, mit wechselseitiger langanhaltender bewaffneter Gewalt im Norden Kenias, entschieden zu bleiben. Dieses Mitleben über viele Jahre hinweg bezeichnete sie als Schlüssel, um das Vertrauen  der Stammesältesten zu gewinnen und eine Zusammenarbeit mit und unter den jugendlichen Kriegern in den verfeindeten Stämmen aufzubauen. Die Jugendlichen zur Teilnahme an Schule, Bildung und gemeinsamen Aktivitäten zu gewinnen, bereitete den Boden für die Überwindung langanhaltender Feindschaften. Vertrauen aber und verlässliche Beziehungen aufzubauen, brauche Zeit - gerade angesichts der Leiden, Verluste und Traumata der Beteiligten vor Ort. Weiter sei das gemeinsame Auftreten von Verantwortlichen der Religionsgemeinschaften, im Norden Kenias insbesondere von Christen und Muslimen, ein wichtiger Faktor, um akute Krisen zu beruhigen.

Rüdiger König beschrieb den Zugang zur Bevölkerung vor Ort  und das Wissen über ihre Lebensbedingungen, Mentalitäten und über Konfliktursachen als den komparativen Vorteil von Religionsgemeinschaften gegenüber staatlichen Akteuren. Religionen könnten Partner im Friedensprozess sein, Teil des Konfliktes oder auch Mediatoren. Wichtig für die staatliche Seite sei, so König, die Eigengesetzlichkeit von Religionen zu respektieren. Staaten müssten der Versuchung widerstehen, Religionsgemeinschaften zu steuern oder für ihre Zwecke, zum Beispiel identitätspolitisch zu instrumentalisieren. Von Seiten der Bundesregierung seien verschiedene Partnerschaften aufgebaut worden, und man sei in einem konstanten Dialog mit Religionsgemeinschaften, um den Aufbau von Frieden zu fördern im Sinne von Konfliktprävention und Konfliktnachsorge. Dies sei z.B. auch bei der Konferenz „Religions for Peace“ in Lindau, Ende August 2019, deutlich geworden.

Beide Panelisten unterstrichen, dass Geduld und eine lange Zeitperspektive für einen nachhaltigen Friedensprozess und den Aufbau von Vertrauensbeziehungen unerlässlich sind - sowohl auf nationaler und internationaler Ebene als auch vor Ort. Ebenso schilderten beide, wie wichtig es sei, mit Rückschlägen produktiv umzugehen. Kurzfristige Projekte von z.B. drei Jahren brächten nicht-staatliche Akteure ebenso wie staatliche Einrichtungen erheblich unter Druck, Erfolgsberichte vorzulegen, um die Finanzierung der weiteren Arbeit zu sichern. Hierbei spielten auch die Erwartungen von Parlamentariern eine Rolle, am Ende einer Legislaturperiode Erfolge vorweisen zu können. König schilderte am Beispiel von Afghanistan, wie schwer es sei, Konfliktparteien überhaupt an einen Tisch zu bringen, eine Voraussetzung, um in Verhandlungen bzw. einen Dialog zu kommen. Friedensabkommen seien in der Regel erst der Anfang, nicht das Ende eines Friedensprozesses.

Kanini betonte, es genüge nicht, auf nationaler oder internationaler Ebene, Frieden zu schließen, sondern gleichzeitig müsste vor Ort mit den Konfliktparteien an den Ursachen gearbeitet werden, müssten Beziehungen aufgebaut werden, damit Friede nachhaltig sei. Hier könne ja auch der interreligiöse Dialog erhebliche Wirkungen entfalten. Allerdings dürfe es auch da nicht beim Dialog der religiösen Eliten auf nationaler oder internationaler Ebene bleiben, sondern vor Ort in den Gemeinschaften, in Dörfern und Städten müsste zwischen den Menschen aus unterschiedlichen Religionsgemeinschaften sowohl über Fragen des Zusammenlebens als auch über Glaube und Gebet und über Perspektiven für den Frieden gesprochen werden. In Kenia sei die Zusammenarbeit des Tangaza University College und der Umma University für den Aufbau, Erhalt und die Qualifizierung der Akteure im interreligiösen Dialog unschätzbar, vor allem für den Aufbau landesweiter Netzwerke, die im Konfliktfall durchaus wirksam Unterstützung für die Friedensarbeiter vor Ort organisieren könnten.

Die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG’s) mit dem Ziel 16, den Aufbau einer friedlichen und inklusiven Gesellschaft zu fördern, bezeichnete König als internationalen Rahmen, um den notwendigen Zusammenhang von Frieden, Sicherheit und Entwicklung zu stärken und sichtbarer zu machen. Langsam schlage die Saat Wurzeln.

Die GIZ habe als Kooperationspartner im Kenia  EDP 2018 zu „The Power of Religion in Peace Building“ reichen Ertrag für ihr Sektorvorhaben „Werte, Religion und Entwicklung“ gezogen, so Christopher Haarbeck (GIZ). Die beeindruckenden Zeugnisse der Partner in Kenia hätten Eingang gefunden in die GIZ Publikation „Diesseits von Eden“.  Die Schwierigkeiten in der Genese des ersten Programms und in der Teilnehmeracquise zeigten die Probleme, die wir mit dem Thema im säkularisierten Deutschland hätten.
Zur Frage nach Ressourcenkonflikten in der anschließenden Podiumsdiskussion schilderte König am Beispiel der Klimaflüchtlinge, die bisher nicht unter die Flüchtlingsdefinition der Genfer Konvention fallen, wie schwierig es sei, den Zusammenhang von Klimawandel und Sicherheit in den UN -Sicherheitsstrukturen zu thematisieren.

„Nur wer Teil des Konfliktes ist, kann auch Teil der Lösung werden“, betonte Jörg Lüer von der Deutschen Kommission Justitia et Pax zur ambivalenten Rolle von Religionen in Konflikten. Religionen könnten Rituale und Sprache bereitstellen, um Verletzungen und Leiden, aber auch Versöhnung und Hoffnung zur Sprache zu bringen, eine Kultur der „compassion“ zu entwickeln.

Tarek Abdelalem von Islamic Relief beschrieb, wie wichtig es sei, einen Konflikt zu verstehen, aber auch, sich gemeinsamer Werte bewusst zu werden „und der Ziele, die wir als Religionsgemeinschaften teilen“.
Zum Abschluss der Diskussion  wies Frau Casel auf einen Epilog zu dem Exposure- und Dialogprogramm in Kenia hin, der für den 11. Mai 2020 wiederum an der BAKS in Berlin geplant sei. Dort wolle man die in Kenia gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse reflektieren und in den politischen Dialog in Deutschland einbringen. Am 17. Januar 2020 träfen sich die EDP Teilnehmenden zur Vorbereitung. Sie dankte der BAKS und dem BMZ für die gut gestartete Kooperation und hoffe, dass sie in dem weiteren Prozess fortgesetzt werden könne – mit Gewinn für alle Beteiligten insbesondere für die Partner in Kenia.